Den Bahndamm wie ein Huhn gerupft

0
3450
Der entlang der Schlachthofstraße verlaufende Bahndamm, der den St. Ingberter Bahnhof mit dem Eisenwerk verbindet, trägt nach dem Kahlschlag nicht mehr zur Verschönerung des Stadtbildes bei.

In jüngster Zeit wurden am Bahndamm entlang der Schlachthofstraße zahlreiche Bäume gefällt, die offensichtlich nicht mehr standfest waren. Diese Bäume hatten den meter-hohen Erdwall wie eine Grünanlage geschmückt. Nach dem Kahlschlag hat diese Böschung, die bisher durchaus zur Verschönerung des Stadtbildes beigetragen hatte, ihre Bedeutung als innerstädtische Grünanlage völlig verloren. Ein älterer St. Ingberter hat den kahlgefegten Bahndamm mit der Bemerkung: „Der Hang sieht jetzt aus wie ein gerupftes Huhn“ sehr anschaulich kommentiert.

An den unschönen Anblick dieses kahlen Erdwalles werden sich die St. Ingberter dann aber wohl gewöhnen müssen, denn eine erneute Begrünung wird sicherlich einige Jahre in Anspruch nehmen – falls die Bahn AG eine solche Aufforstung überhaupt vorsieht und damit dem Bahndamm wieder den Charme einer Grünanlage zurückgibt.

Abgesehen von seiner optischen Bedeutung spielt dieser Bahndamm auch in der Geschichte der Stadt St. Ingbert eine wichtige Rolle. Er wurde ab 1865 mit dem Erdreich aufgeschüttet, das beim Bau des Eisenbahntunnels zwischen Hassel und St. Ingbert abgegraben werden musste. Da es zu der damaligen Zeit weder Baumaschinen noch Lastwagen gab, mussten die Erdmassen mit Schaufeln und Fuhrwerken bewegt werden. Nach der Aufschüttung dieses Bahndamms konnte die St. Ingberter Grube und das Eisenwerk an das Bahnnetz angeschlossen werden, was für beide Unternehmen ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil war.

Durch den hohen Erdwall wurde der südliche Stadtteil und das dazugehörige Eisenwerk vom Stadtzentrum getrennt, was dann in der Saarbrücker Straße im Bereich der „Alten Schmelz“ zu einer Art Ghettobildung führte, zumal der Viadukt der die Kaiserstraße mit der Saarbrücker Straße verbannt, sehr schmal war. Erst als dieses Nadelöhr in der Nacht vom 19. auf den 20. März 1944 von deutschen Soldaten gesprengt wurde, um die amerikanischen Truppen am weiteren Vormarsch zu hindern, konnte dieses Schlupfloch nach dem Krieg durch einen Neubau erweitert werden.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein