Am gestrigen Abend fand das traditionelle Aschermittwochstreffen der saarländischen FDP im Abteihof in Wadgassen statt. Rund 80 Gäste folgten der Einladung der Liberalen, um in geselliger Runde politisch Bilanz zu ziehen und Perspektiven für die Zukunft der Partei zu diskutieren. Der Abend stand im Zeichen der politischen Aufarbeitung des Wahlergebnisses und des Blicks nach vorne, denn abseits der Reden wurde viel über die zukünftige Aufstellung der Partei gesprochen.
Den Auftakt des Abends gestaltete Florian Zipfel, Ortsvorsitzender der FDP Wadgassen, der mit einem humorvollen Vortrag in Reimform die Vorgänge um den Wadgasser Bürgermeister Sebastian Greiber, einst selbst FDP-Mitglied und Vorsitzender der Jungen Liberalen Saar, thematisierte. Zipfel bewies damit, dass politische Kritik auch mit einem Augenzwinkern vorgetragen werden kann – ganz im Geiste der fünften Jahreszeit.

Im Anschluss daran sprach Oliver Luksic, der nach vielen Jahren an der Spitze der FDP Saar seinen Abschied als Landesvorsitzender nehmen wird. In seiner Rede analysierte er die schwierige Lage der Partei und reflektierte über die Gründe für das Ausscheiden aus dem Bundestag.
„Parteien müssen auch diskutieren, wenn etwas nicht geklappt hat“, betonte Luksic und stellte klar, dass die FDP sowohl strategisch als auch taktisch Fehler gemacht habe. Die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen sei von Beginn an eine Herausforderung gewesen: „Wir konnten viele Akzente setzen, aber unsere Handschrift ist im Alltag der Regierung ein Stück weit verloren gegangen.“ Gerade bei Wirtschafts- und Energiepolitik sei es schwierig gewesen, eigene Positionen gegen die Koalitionspartner durchzusetzen.
Luksic kritisierte auch das Management der Migrationsthematik innerhalb der Partei: „Wir hatten die richtigen Antworten – mehr qualifizierte Zuwanderung, aber weniger Migration in den Sozialstaat. Doch die Uneinigkeit kurz vor der Wahl hat uns entscheidende Prozentpunkte gekostet.“ Zudem hätte die FDP frühzeitig über einen proaktiven Ausstieg aus der Koalition nachdenken müssen, anstatt sich „ein Stück weit rauswerfen zu lassen“.
Mit Blick auf die Zukunft forderte Luksic eine inhaltliche und personelle Neuaufstellung der FDP: „Wir brauchen ein Update, eine neue strategische Ausrichtung. Unser Auftritt muss frischer werden, wir brauchen eine modernere Ansprache.“ Dabei müsse sich die Partei weiterhin als Anwalt der Steuerzahler und als Garant für wirtschaftliche Vernunft positionieren.

Die Hauptrednerin des Abends, Bettina Stark-Watzinger, ehemalige Bundesbildungsministerin und Landesvorsitzende der hessischen FDP, knüpfte an die Ausführungen Luksics an und betonte die Notwendigkeit einer klaren liberalen Positionierung in Zeiten politischer Unsicherheit.
„Wir suchen die Fehler nicht bei anderen, sondern bei uns selbst“, stellte sie klar und betonte die Bedeutung einer fundierten Analyse des Wahlergebnisses. Es brauche eine starke liberale Kraft in der Mitte der Gesellschaft, die für finanzielle Vernunft, Eigenverantwortung und wirtschaftlichen Fortschritt stehe. „Am Aschermittwoch fängt die Arbeit erst an“, rief sie den Anwesenden zu.
Ein zentrales Thema ihrer Rede war die geopolitische und wirtschaftliche Lage Deutschlands. Stark-Watzinger warnte vor den Herausforderungen, die durch die Verschiebungen auf der weltpolitischen Bühne entstanden seien: „Die USA wenden sich zunehmend Asien zu, Europa muss endlich unabhängiger werden – sei es bei Energie, Sicherheit oder künstlicher Intelligenz.“ Sie forderte eine handlungsfähige EU und eine effizientere Verwaltung: „Wir brauchen einen Staat, der nicht immer größer wird, sondern sich auf seine Kernaufgaben konzentriert.“
Besonders leidenschaftlich sprach Stark-Watzinger über die Bedeutung von Bildung: „Die Zukunft unseres Landes wird in den Klassenzimmern entschieden, nicht in Subventionsprogrammen.“ Sie kritisierte die mangelnde Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem und forderte eine Reform des Föderalismus in der Bildungspolitik. „Wenn zwischen zwei Bundesländern zwei Jahre Bildungsunterschied liegen, dann ist das keine Chancengleichheit mehr.“
Mit Blick auf die jüngsten politischen Entwicklungen kritisierte sie den Kurs der Union scharf: „Friedrich Merz hat in wenigen Wochen eine 180-Grad-Wende hingelegt – und plötzlich machen CDU und SPD gemeinsam Schuldenpolitik in historischem Ausmaß.“ Sie warnte vor den langfristigen Folgen dieser Strategie: „Wir dürfen den kommenden Generationen nicht eine gigantische Schuldenlast hinterlassen.“

Das Aschermittwochstreffen der FDP Saar zeigte eine Partei, die sich ihrer aktuellen Herausforderungen bewusst ist und entschlossen nach vorne blicken will. Während Oliver Luksic eine selbstkritische Bilanz zog und Lehren aus der Wahlniederlage ableitete, betonte Bettina Stark-Watzinger die Bedeutung einer klaren liberalen Handschrift in der politischen Debatte. Doch dabei blieb es nicht, denn abseits des Podiums drehten sich alle Gespräche um die (möglichen) Kandidaten für den Landessvorsitz. Beide waren anwesend. Während sich die stellvertretende Landesvorsitzende Angelika Hießerich-Peter auf die Unterstützung von fünf der sieben Kreisvorsitzenden verlassen kann, fußt der Rückhalt des ehemaligen Wirtschaftsministers Dr. Christoph Hartmann im Wesentlichen auf Teilen der Jungen Liberalen und ehemaligen Weggefährten, von denen einige nach Wadgassen gekommen waren. Zwar hat Hartmann seinen Hut noch nicht offiziell in den Ring geworfen, doch das scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Die Entscheidung wird voraussichtlich auf dem Landesparteitag am ersten Mai-Wochenende fallen. Wir werden sowohl Angelika Hießerich-Peter als auch Christoph Hartmann gesondert vorstellen und mit ihnen über ihre Vorstellungen über die Zukunft der saarländischen Liberalen sprechen.