Die Ministerpräsidenten von Bayern (CSU), Baden-Württemberg (Grüne), Hessen (CDU) und Nordrhein-Westfalen (beide CDU) sowie Niedersachsen (SPD) appellierten an den Bundeskanzler, die Vergabe der Produktion des Nachfolgemodells für den Transportpanzer Fuchs zu überprüfen. Das Fahrzeug soll in Freisen/Saarland in Zusammenarbeit mit der finnischen Firma Patria gefertigt werden und könnte bis zu 300 zusätzliche Industriearbeitsplätze schaffen. In den Bundesländern der Verfasser des Briefes befinden sich Standorte des bei der Vergabe unterlegenen Rüstungskonzerns Rheinmetall bzw. seiner Zulieferer. Über den Vorgang wurde bundesweit ausführlich berichtet.
Bemerkenswert ist dieser Vorgang nicht allein wegen der üblichen Lobbyarbeit eines Konzerns. Vielmehr liefern die Länderchefs ein besonders unappetitliches Beispiel von Ländermobbing. Ausgerechnet Bayern und Baden-Württemberg beklagen sich in vorderster Linie regelmäßig über ihre Beiträge zum Länderfinanzausgleich, die auch dem Saarland zugutekommen. Sobald sich aber Chancen eröffnen, die Finanzkraft des Landes durch Ansiedlungen zu stärken, sollen diese verhindert werden. Dies war schon der Fall, als es um Kohle und Stahl ging und man die industrielle Drecksarbeit gerne den „Revieren“ überließ, die weitere Wertschöpfung aber im Freistaat oder Ländle behielt. Selbst beim Bau von Windrädern und Verteilnetzen für Windkraft aus dem Norden zeigen sich die gutbürgerlichen Landesregierungen sehr empfindlich.
Mir sind aus den letzten Jahrzehnten seit dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland keine Stimmen der Anerkennung für die Leistungen der saarländischen Bevölkerung für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands bekannt. Bei Standortentscheidungen für große Bundesbehörden oder europäische Einrichtungen wurde das Saarland bis in die jüngste Zeit übergangen.
Anlässlich des 70. Jahrestages der Saarabstimmung 1955 sollten sich gerade führende Politiker der alten Bundesrepublik daran erinnern, dass Solidarität einen wesentlichen Baustein des kooperativen Föderalismus darstellt. Die Saarländerinnen und Saarländer haben nach einem heftigen Abstimmungskampf ihren Beitrag zu dieser föderalen Ordnung geleistet. Was die Herren Ministerpräsidenten sich dagegen geleistet haben, ist geschichtsvergessen und ein Zeugnis politischer Kleingeistigkeit.

