So richtig glücklich wirkte am Tag nach der Saarlandwahl nur der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon. Er strahlte trotz „kurzer Nacht“ übers ganze Gesicht und verteilte Freundlichkeiten. Etwa in Richtung des ehemaligen Partners CDU. Mit denen habe man fünf Jahre gut zusammengearbeitet. Dafür wolle er sich bedanken. Auf die Frage, ob sich die SPD auch bei Oskar Lafontaine bedanke wolle, schließlich habe er der SPD mit seinem Austritt bei den LINKEn etwa 18.000 Stimmen gebracht, meinte Commerçon dann doch etwas schmallippig, man habe Lafontaine bereits während der letzten Landtagssitzung gedankt.
Thomas Lutze war verständlicherweise auf den ehemaligen Bundesvorsitzendes der LINKE ebenfalls nicht gut zu sprechen und beschrieb seine Gefühl wie folgt: Es sei als habe man das Spiel in der 93. Minute durch ein Eigentor verloren. Für den Absturz seiner Partei übernahm aber auch er selbst die Verantwortung und kündigte an, dass er während des Parteitages, der für Ende Mai vorgesehen ist, nicht mehr für den Landesvorsitz kandidieren werde.
Ähnlich deprimierend sieht es bei den saarländischen Liberalen aus. Man habe einfach kein zündendes Thema gefunden, konstatierte Parteichef Oliver Luksic freimütig. Bereits am Wahlabend wurde ihm ein großer Teil der Verantwortung für die knappe Niederlage angelastet, weil er nicht selbst angetreten sei, sondern die weitgehend unbekannte Politnewcomerin Angelika Hießerich-Peter aufs Schild gehoben habe. Das sei eine gemeinsame Entscheidung des Vorstandes gewesen, sagte er heute vor der versammelten Presse. Am Abend um 20 Uhr beginnt auch bei der FDP das Federlesen. Allerdings dürfte Luksic nicht von seinem Amt entbunden werden, trotz der Tatsache, dass nach 10 Jahren außerparlamentarischer Opposition nun weitere fünf folgen werden. Dennoch gibt es bei den Liberalen seit längerem den Wunsch, eine zweite tragende Figur neben dem Staatssekretär im Verkehrsministerium zu installieren.
Die Grünen scheinen von solchen Ideen weit entfernt. Ihre Spitzenkandidatin Lisa Becker ließ erkennen, dass sie sich nun wieder auf ihr Amt als 1. Beigeordnete der Stadt Blieskastel konzentrieren werde. Außer der Tatsache, dass 23 Stimmen zum Einzug in den Landtag fehlten, vermittelte die Juristin den Eindruck, dass der Wahlkampf die beiden Lager innerhalb der Partei wieder näher aneinander geführt habe. Hubert Ulrich bleibt indes bei den Vertreter:innen des Grünen Bündnisses eine persona non grata. Dem Wunsch nach einer Neuauszählung der Stimmen wird übrigens nicht statt gegeben. Die Landeswahlleiterin ließ mitteilen, dass „das Vorliegen eines knappen Wahlergebnisses – ohne dass Bedenken gegen die Ordnungsgemäßheit des Wahlgeschäfts bestehen – für sich allein noch keine Pflicht zu weitergehenden Überprüfungen begründet, da ein solches Ergebnis nicht per se makelbehaftet ist.“
Die CDU wird sich am Abend mit den Folgen des Wahldesasters beschäftigen. Auch Alexander Funk, der während der Landespressekonferenz seine Bereitschaft zur Führung der Fraktion erkennen ließ, machte klar, dass die Wahl saarlandspezifisch gewesen sei. Die Konsequenzen werde Tobias Hans tragen. Wie die künftige personelle Aufstellung aussehen werde, müsse man bis zur Sommerpause klären. Es melden sich allerdings bereits Stimmen, die Stephan Toscani als CDU-Vorsitzenden fordern. Man wird also eher eine schnellere Lösung erwarten können.
Last but not least: Die AfD. Josef Dörr wird ab dem 25. April eine Fraktion mit Christoph Schauffert und Carsten Becker bilden, die beide dem Lager um Parteichef Wirth angehören. Die Erwartung, dass sich die neue Konstellation in bessere Oppositionsarbeit ummünzen wird, hat niemand. Zu sehr kreiste der Auftritt von Dörr und seinem scheidenden Vize Rudolf Müller um die internen Probleme.
Sehen Sie hier auch unser Video der heutigen Landespressekonferenz:
