Seit dem 1. Juli 2025 leitet Reiner Stephan die Stadtwerke Sulzbach/Saar GmbH. Im Gespräch erläutert er seine ersten Monate, Prioritäten in Vertrieb und Kundenservice, Pläne für erneuerbare Energien und Nahwärme sowie den Weg zu stabilen Preisen und besseren Prozessen.
saarnews: Sie sind seit dem 1. Juli 2025 Geschäftsführer. Was bringen Sie aus Ihrer bisherigen Laufbahn mit – und wie haben Sie die ersten Wochen in Sulzbach strukturiert?
Reiner Stephan: Ich komme aus der Kurpfalz, habe fast 25 Jahre in Ludwigs-
hafen gearbeitet – vom Aufbau von Energiedienstleistungen nach der Liberalisierung über Kraft Wärme Kopplung bis hin zu Energiehandel, Einkauf, Bilanzkreis und Energiedatenmanagement. Danach habe ich in Niedersachsen eine Vertriebsabteilung mit den Schwerpunkten Commodity Vertrieb, erneuerbare Energien, Dienstleistungen und kommunale Wärmeplanung aufgebaut. In Sulzbach habe ich zuerst eine gründliche Bestandsaufnahme gemacht: Einkauf und Partner, Datenaustausch zwischen Messstellenbetrieb, Netz und Vertrieb, Zählerwesen und Systemtechnik, außerdem die Schnittstellen zum Markt – also der Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern, Gewerbe und Vereinen. Darauf bauen wir nun auf.
saarnews: Wo setzen Sie kurzfristig an – insbesondere mit Blick auf Kundennähe und Erreichbarkeit?
Reiner Stephan: Ja, genau. Wir starten im Vertrieb mit attraktiven Preisen und klarer Kommunikation, auch zu Ökostrom. Wir sprechen Bestands und ehemalige Kunden aktiv an und suchen den engen Austausch mit Gewerbe und Industrie. Ein Schwerpunkt ist die Erreichbarkeit: Wir prüfen kundenfreundlichere Öffnungszeiten und setzen parallel digitale Unterstützung ein – unter anderem durch KI gestützte Systeme, damit Anfragen zeitnah bearbeitet werden und unser Team mehr Zeit für persönliche Gespräche hat.
saarnews: Welche Preis und Produktstrategie planen Sie für Gewerbe und Haushalte?
Reiner Stephan: Wir fokussieren uns auf Produkte, bei denen wir den reinen Energiepreis über Beschaffung langfristig sichern können – etwa für 2026, 2027 und 2028. Steuern, Abgaben und Netzentgelte geben wir wie vorgegeben weiter. Neu ist eine längerfristige Energiepreisgarantie mit ein, zwei oder dreijähriger Bindung, zunächst besonders interessant für Gewerbekunden. Für Haushalte gibt es das Produkt Stadtwerke Strom ab 1. Januar 2026, bei Bedarf bereits jetzt abschließbar – kompakt, verständlich und online ausfüllbar.
saarnews: Der Einbau von Smart Metern und Balkonkraftwerken liegen im Trend. Wie positionieren sich die Stadtwerke hier?
Reiner Stephan: Erneuerbare Energien wollen wir aktiv fördern. Wir prüfen ein eigenes Balkonkraftwerk Angebot: die Hardware auf jeden Fall, die Installation je nach Konstellation mit Partnerbetrieben. Als Service könnten wir die Zählereignung inklusive Rücklaufsperre prüfen und die Anmeldung im Marktstammdatenregister übernehmen. Parallel treiben wir Smart Meter Themen voran – mit dem Ziel, Abläufe für Kundinnen und Kunden zu vereinfachen.
saarnews: Wie gehen Sie die Wärme-
wende an – von der kommunalen Wärmeplanung bis zur Nahwärme?
Reiner Stephan: Wir orientieren uns am Zielbild 2045. Klassische Gasheizungen werden sukzessive abgelöst; Alternativen sind Wärmepumpen und Nahwärme. In Sulzbach arbeiten wir mit bestehenden Partnern wie Iqony zusammen. Zudem betreiben wir in Neuweiler Industriegebiet ein Heizkraftwerk mit erdgasbetriebenem Kessel. Wir prüfen Ausbaupotenziale, Dekarbonisierungsschritte, Abwärmenutzung und Wärmepumpenlösungen und schauen, wo neue Nahwärmeinseln sinnvoll entstehen können.
saarnews: Der Internet /Breitbandbereich gehört ebenfalls zum Portfolio. Bleibt das so?
Reiner Stephan: Das bewerten wir sorgfältig. Unser Schwerpunkt liegt auf den Kernthemen eines Energieversorgers. Wo wir ohnehin Leitungen erneuern, berücksichtigen wir Leerrohre und vermeiden doppelte Tiefbauarbeiten. Entscheidend sind Vernunft und Synergien – ob in eigener Verantwortung oder in Kooperation.
saarnews: Wie steht es um die Wasserversorgung in Sulzbach?
Reiner Stephan: Die Wasserversorgung macht mir aktuell die wenigsten Sorgen. Die Qualität ist hoch, die Versorgung sicher, und unsere Region ist weniger stark von sinkenden Grundwasserständen betroffen. Das behalten wir trotzdem aufmerksam im Blick.
saarnews: Wie arbeiten die Stadtwerke mit den städtischen Gesellschaften zusammen – und wie sehen Sie Querverbünde?
Reiner Stephan: Dort, wo Synergien sinnvoll sind, arbeiten wir eng zusammen – etwa bei der Abwasserverrechnung. Gleichzeitig konzentrieren wir uns auf Aufgaben, die Sulzbach unmittelbar voranbringen. Neue Felder wie Nahwärme oder Contracting sind kapitalintensiv; darüber sprechen wir strukturiert mit allen Beteiligten.
saarnews: Sie wollen die Kundschaft aktiver ansprechen. Was heißt das konkret für Haushalte, Gewerbe und Vereine?
Reiner Stephan: Wir warten nicht mehr ab, sondern gehen proaktiv auf Menschen und Unternehmen zu – per Anschreiben, Beratung und Veranstaltungen. Es geht nicht nur um Strom oder Gaspreise, sondern auch um Lösungen, mit denen wir uns gegenseitig unterstützen. Für Vereine entwickeln wir ein eigenes Angebot. Ziel ist eine partnerschaftliche Bündnissituation, von der beide Seiten profitieren.
saarnews: Welche Verbesserungen planen Sie intern?
Reiner Stephan: Wir standardisieren und digitalisieren konsequent. Massenprozesse gehören in den Standard, manuelle Arbeitsschritte reduzieren wir. Mein Anspruch ist, dass nach einer Abmeldung innerhalb einer Woche eine korrekte Abrechnung verschickt wird. Dafür überprüfen wir Prozesse, Software und die Zusammenarbeit mit Dienstleistern.
saarnews: Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit mit Aufsichtsrat und Belegschaft?
Reiner Stephan: Der Austausch mit dem Aufsichtsrat ist eng und regelmäßig, auch zwischen den offiziellen Sitzungen. Intern setzen wir auf Teamarbeit und offene Ideenkanäle über alle Ebenen. Wichtig ist mir, transparent zu machen, woran wir arbeiten, und gute Vorschläge aus der Mannschaft aufzunehmen.
saarnews: Bleibt der Fokus lokal – und wo sehen Sie Kooperationen mit anderen Häusern?
Reiner Stephan: Unser Hauptfokus ist Sulzbach. Kooperationen verstehe ich vor allem als Synergien im Alltag: gemeinsame Software Nutzung, Zusammenarbeit im Messstellenbetrieb oder Netzbereich. Grundsatz: weg von Sonderprozessen, hin zu Standards – alles andere kostet unnötig Geld.
saarnews: Wie ist Ihr Ausblick auf die kommenden Monate?
Reiner Stephan: Die Stadtwerke nehmen spürbar Fahrt auf. Nicht alles geht über Nacht, aber wir arbeiten parallel an vielen Stellen – mit klarer Priorität auf Kundennähe, Verlässlichkeit und der Energiezukunft in Sulzbach.

