Straßburg/Saarbrücken. Das Europäische Parlament hat mit breiter Mehrheit für eine Änderung der CO₂-Flottengrenzwerte gestimmt und damit den Automobilherstellern mehr Zeit eingeräumt, um die ab diesem Jahr geltenden strengeren Vorgaben zu erfüllen. Der zulässige Flottengrenzwert von 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer bleibt bestehen, doch statt sofortiger Sanktionen im Jahr 2025 wird nun ein dreijähriger Übergangszeitraum gewährt. Die Hersteller müssen also spätestens bis Ende 2027 im Durchschnitt unter dem Grenzwert liegen, wenn sie Strafzahlungen vermeiden wollen.
Barke: „Gute Nachricht für die Industrie – Initiative kam aus dem Saarland“
Saarlands Wirtschaftsminister Jürgen Barke begrüßt die Entscheidung ausdrücklich.
„Das ist eine gute Nachricht für die Automobil- und Zulieferindustrie in einer herausfordernden Zeit. Das Saarland trommelt seit Monaten auf Bundesebene für neue Maßnahmen, um die Branche in der Transformation besser zu unterstützen.“
Barke verweist dabei auf die aktive Rolle des Saarlands im Bundesrat:
„Auch die Lockerung der CO₂-Grenzwerte geht auf eine saarländische Initiative im Bundesrat zurück. Daher begrüße ich die Entscheidung des Europäischen Parlaments ausdrücklich.“
Für ihn ist der gewonnene Zeitrahmen eine notwendige Erleichterung für die Industrie, die mit gewaltigen strukturellen Veränderungen konfrontiert ist:
„Es ist gut, dass die Unternehmen mehr Zeit bekommen, um in ihre Wettbewerbsfähigkeit zu investieren.“
Doch Barke sieht auch die Bundesregierung in der Pflicht:
„Es braucht jetzt von der neuen Bundesregierung weitergehende Maßnahmen, wie neue Kaufanreize für E-Autos, den flächendeckenden Ausbau des Ladenetzes oder faire Übergangslösungen für Hybride. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hat all das in den Koalitionsvertrag reinverhandelt. Die Elektromobilität muss ins Laufen kommen, sonst sind alle Probleme nur vertragt und nicht gelöst.“
Seine klare Erwartung an Berlin:
„Ich erwarte von der neuen Bundesregierung, dass sie in ihren ersten 100 Tagen ein Paket für die Automobil- und Zuliefererindustrie auf den Weg bringt.“
Ripa: „Klimaziele einhalten – kein Zusatzgeld für Tesla!“
Kritisch äußerte sich hingegen die Europaabgeordnete Manuela Ripa (ÖDP), die sich bei der Abstimmung enthaltenhat. Ihr Hauptkritikpunkt: Die Aufweichung der Regelungen dürfe nicht zu Schlupflöchern für CO₂-Zertifikatehandelführen.
„Die Klimaverpflichtungen sind einzuhalten.“
Ripa warnt vor einem Missbrauch des sogenannten CO₂-Poolings – dem Handel mit Emissionsrechten etwa von Tesla:
„Selbst wenn durch die jetzige Entscheidung Europas Autohersteller mehr Zeit bekommen, um ihre Motoren umwelt- und klimafreundlicher zu bauen, darf die zeitliche Verzögerung nicht bedeuten, dass Tesla ohne etwas zu tun mehr Geld verdient, nur weil die Autofirmen sich mit Abgaszertifikaten von emissionsärmeren Elektroautofirmen aus ihrer Verpflichtung freikaufen.“
Ihr Fazit ist klar:
„So geht die Rechnung nicht auf!“ Und weiter:
„Dieses sogenannte CO₂-Pooling darf es nicht geben. Es würde nämlich vor allem Tesla-Besitzer Elon Musk oder der chinesischen Konkurrenz heimischer Hersteller Geld in die Kasse spülen – ohne dass die dafür eigene Leistung erbringen.“
Laut Branchenmedien entwickelt sich Tesla durch solche Zertifikatsgeschäfte zur „Öko-Bank der Autoindustrie“. Ripa kritisiert diese Praxis scharf:
„Das Pooling ist nicht akzeptabel.“ Gleichzeitig betont sie:
„CO₂-Emissionen müssen reduziert werden.“
Fazit: Zeitgewinn für Hersteller, Verantwortung bleibt
Mit der Entscheidung des EU-Parlaments gewinnen Europas Autohersteller wichtige Zeit, um sich auf die Einhaltung der schärferen Klimavorgaben vorzubereiten – ohne sofort mit Strafzahlungen belegt zu werden. Doch der politische Streit über den richtigen Weg zur Dekarbonisierung der Mobilität bleibt. Während das Saarland die Entscheidung als Erfolg für den Industriestandort sieht, mahnt die ÖDP zur strikten Einhaltung von Klimazielen und warnt vor falschen Anreizen zugunsten globaler Marktführer.