In den vergangenen Tagen haben im Saarland zwei bekannte Gastronomiebetriebe Insolvenz anmelden müssen: das traditionsreiche Café Kostbar mit „Lilli’s Kuchenwerkstatt“ im Saarbrücker Nauwieser Viertel sowie das mit Michelin-Sternen ausgezeichnete GästeHaus Klaus Erfort. Beide Fälle machen deutlich, wie sehr die saarländische Gastronomie unter dem Druck der vergangenen Jahre leidet. Die Kombination aus Corona-Folgen, Inflation, hohen Energiekosten, Personalmangel und verändertem Konsumverhalten bringt selbst erfahrene, kreative und beliebte Betriebe an ihre Belastungsgrenze.

Café Kostbar: Abschied nach 14 Jahren Engagement
Das Team des Café Kostbar gibt auf. In einem emotionalen öffentlichen Abschiedsbrief heißen die ersten Worte: „Schließlich hat es auch uns mit voller Wucht erwischt.“ Nach fast anderthalb Jahrzehnten mussten die Betreiber die Reißleine ziehen. Besonders bitter: Man hatte die Pandemie mit viel Kraft, Anpassung und Unterstützung überstanden geglaubt. Doch dann folgte die Inflation.
„Nachdem alle Wunden verheilt und die letzten Körnchen Staub von der Schulter gewischt waren, ereilte uns alle die Inflation. Und von dieser haben wir uns in den vergangenen drei Jahren nicht wieder erholt.“
Die wirtschaftliche Realität holte das engagierte Team ein. Steigende Kosten, sinkende Margen, stagnierende Gästezahlen und keine Rücklagen mehr – eine Situation, die in vielen Gastronomiebetrieben derzeit Alltag ist. Die Betreiber schreiben über die letzten Monate: „Die Schwierigkeiten türmten sich immer weiter auf und wir haben sie wie eine unmerkliche Geröllhalde […] vor uns hergeschoben.“
Am Ende standen nicht Misswirtschaft oder fehlende Qualität, sondern Erschöpfung und wirtschaftlicher Realismus. „Wir haben weiter gemacht, weil Ihr uns alle treu geblieben seid. Doch mussten wir […] die sog. ‚Reißleine‘ ziehen.“
Klaus Erfort: Restrukturierung unter dem Schutzschirm
Ein anderer Fall ist der des renommierten Sternekochs Klaus Erfort. Auch er musste ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung einleiten, allerdings mit einer klaren strategischen Zielsetzung: dem wirtschaftlichen Neustart.
„Ich gehe diesen Weg nicht, weil ich gefallen bin – sondern weil ich wieder aufstehen will.“ Erfort betont, dass das Schutzschirmverfahren für ihn kein Rückzug ist, sondern ein geplanter Neuanfang. Der Betrieb läuft weiter, die Qualität bleibt erhalten.
Die Belastungen der vergangenen Jahre haben aber auch ihn gezeichnet: „Die vergangenen Jahre haben uns wirtschaftlich stark gefordert. Jetzt ist der Moment, neue Strukturen zu schaffen und Altlasten hinter uns zu lassen.“
Schon während der Pandemie hatte Erfort niemanden entlassen, sondern Gehälter aus Rücklagen gezahlt – ein Zeichen unternehmerischer Verantwortung, das sich nun als finanzielle Hypothek auswirkt.
Was beide Fälle gemeinsam haben
Beide Betriebe zeigen: Die Probleme der Gastronomie sind strukturell. Das Zusammenspiel aus Corona-Nachwirkungen, drastischer Inflation, gestiegenen Energiepreisen, Personalmangel und zurückhaltendem Konsum hat über Jahre an den Fundamenten auch wirtschaftlich gesunder Betriebe genagt. Während die einen – wie das Café Kostbar – keine Reserven mehr hatten, um weiterzumachen, versuchen andere – wie Erfort – mit professioneller Hilfe einen Neuanfang.
Politische Reaktion: Hoffnung durch Mehrwertsteuersenkung?
Die neue Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD plant ab 2026 die dauerhafte Rückkehr zur 7%-Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants. Die Branche reagierte erleichtert. Der DEHOGA bezeichnet die Maßnahme als „überlebenswichtig“. Sie dürfte vielen Betrieben helfen, die gestiegenen Kosten besser aufzufangen.
Brancheninsider gehen jedoch davon aus, dass die Entlastung nicht automatisch zu sinkenden Preisen führen wird. Vielmehr geht es darum, Preiserhöhungen zu vermeiden und Arbeitsplätze zu sichern. Die Entlastung von 12 Prozentpunkten bei der Steuer verbessert die Liquidität vieler Betriebe spürbar.
Kritik kommt von Wirtschaftsinstituten und Verbraucherorganisationen, die eine selektive Entlastung nur für eine einzelne Branche problematisch finden und darauf hinweisen, dass nicht alle Verbraucher davon profitieren.
Fazit
Die Insolvenzen im Saarland stehen exemplarisch für eine tiefgreifende Krise der Gastronomie in Deutschland. Viele Betriebe haben die Pandemie nur durch finanzielle und personelle Selbstaufopferung überstanden – und werden nun von den Spätfolgen der Inflation überrollt. Die geplante Mehrwertsteuerreform ab 2026 kommt spät, dürfte aber vielen Unternehmen zumindest eine Atempause verschaffen. Ob sie für eine dauerhafte Erholung reicht, wird davon abhängen, wie sich Konsumverhalten, Kostenentwicklung und Fachkräftesituation weiterentwickeln.