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Lutz Maurer: Wie ein Bürgermeister die Krise meistert…

Quierschieds Bürgermeister Lutz Maurer

Lutz Maurer ist ein Unikum unter den 52 Bürgermeistern unseres Landes, denn ihm fehlen zwei Dinge: Eine Partei und eine Parteikarriere. Dass dieser Mangel ein Erfolgsmodell sein kann, hat er in Quierschied schon unter Beweis gestellt. Nun stellt ihn die Coronakrise – wie viele anderen Verwaltungschefs – vor besondere Herausforderungen:

saarnews: Guten Tag, Herr Maurer! Uns ist aufgefallen, dass Sie im Gegensatz zu anderen Bürgermeistern ihre Bürger durch fast tägliche Statements auf facebook durch die Krise begleiten. Wie kam die Idee zustande und was wollen Sie bewirken?

Lutz Maurer: Guten Tag, Herr Kuhn. Ich denke es ist wichtig, dass in dieser Situation aktuelle Informationen möglichst zeitnah erfolgen. Dies ist nun mal über Medien wie die offizielle Internetseite der Gemeinde oder auch meine private Facebookseite schneller möglich als über unser offizielles Amtsblatt. Allerdings – und das möchte ich auch betonen – ist mir dabei eine möglichst kurz gehaltene, präzise Info wichtiger als eine besondere Aufmachung mit vielen Farben oder schönen Bildern. Auch ist es mir sehr wichtig, möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen zu erreichen und mitzunehmen. Schließlich geht es ja auch darum, über viele Dinge zu informieren und die Hilfsangebote, die wir unverzüglich zentral koordiniert haben, transparent zu machen

saarnews: Nun sind die verhängten Maßnahmen sehr harsch. Ohne triftigen Grund darf man sein Grundstück nicht verlassen, einige Gewerbe wurden komplett geschlossen, insbesondere der Einzelhandel und die Gaststätten. Zuwiderhandlung wird unter Strafe gestellt. Finden Sie die Verordnung dennoch berechtigt? Und: Erfüllt sie überhaupt ihren Zweck?

Lutz Maurer: Die Einschränkungen sind massiv und machen uns allen zu schaffen – manchen mehr, manchen weniger. Ich bin allerdings der Meinung, dass die Entscheidungen, die dazu geführt haben, aus vernünftigen Gründen getroffen wurden. Wer die Berichterstattung verfolgt und die Entwicklung der Zahlen sieht, erkennt, dass die Maßnahmen zu wirken beginnen. Sie also gleich wieder zu lockern, halte ich für falsch. Selbstverständlich sollten die strengen Regeln solange gelten, wie es aus gesundheitlicher Sicht notwendig ist. Klar ist aber auch, dass ein Ausstiegsszenario definiert werden muss, um den schon entstandenen und noch entstehenden wirtschaftlichen Schaden zu minimieren.

Marienstraße – Quierschied

saarnews: Wie wird die Gewerbelandschaft der Gemeinde Quierschied Ihrer Ansicht nach aussehen, wenn die Corona-Epidemie abgeebbt ist?

Lutz Maurer: Das kann ich nicht sagen. Ich hoffe natürlich, dass die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung fruchten und die Schäden möglichst gering gehalten werden können. Es ist ja nun einmal so: Bevor ich vor gut vier Jahren zum Bürgermeister gewählt wurde, habe ich Themen wie Kurzarbeit oder Arbeitsplatzabbau im Laufe meines beruflichen Werdegangs in der Industrie kennengelernt und kann hier durchaus auch eine andere Perspektive und Sichtweise einnehmen als die eines Berufspolitikers. Leider werden viele Bereiche ihre aktuell ausbleibenden Umsätze nicht vollständig kompensieren können. Bund und Land versuchen hier zu unterstützen – aber dies wird nicht ganz einfach sein. Die Gemeindeverwaltung tut jedenfalls ihr Möglichstes, um die lokale Wirtschaft zu unterstützen. So haben wir schon eine überwältigende Resonanz auf unseren Spendenaufruf für den Verein „Bürger helfen Bürgern“ festgestellt, bei dem schon in den ersten 14 Tagen nach der Veröffentlichung rund 4.000 Euro an Spenden eingingen. Auch den Appell an Vermieter, wenn möglich auf ihre Mieter zuzugehen, wird offenbar beherzigt. Eine weitere Initiative zur Unterstützung der lokalen Geschäfte folgt dieser Tage in Form unserer „Gutschein-Aktion“.  Es wäre schön, wenn viele Menschen in Quierschied sich daran beteiligen, damit wir auch morgen noch unsere Geschäfte, Restaurants und Kneipen vor Ort aufsuchen können.

saarnews: Nun gibt es auch Altenpflegeeinrichtungen in der Gemeinde. Darin befinden sich ja diejenigen Menschen, die am höchsten durch Corona gefährdet sind. Halten Sie Kontakt zu den Betreibern? Wie ist die Situation dort?

Lutz Maurer: Ja, die wir stehen regelmäßig mit den Heimleitungen der Seniorenheime in der in Quierschied (GESA) und Fischbach-Camphausen (Haus Maria Theresia) sowie auch mit dem zuständigen Landesministerium in Kontakt. Bisher sind keine Covid-19-Erkrankten zu beklagen. Uns wurde bisher übereinstimmend berichtet, dass die schützenden Maßnahmen greifen und alles den Umständen entsprechend gut läuft. So sind die Häuser sind für Besucherinnen und Besucher geschlossen und es erfolgen derzeit keine Neuaufnahmen. In allen Einrichtungen sind ausreichend Schutzutensilien und entsprechendes Material vorhanden. Die Heime erfahren hier auch Unterstützung aus der Bevölkerung. So hat beispielsweise eine Frauengruppe aus dem Umfeld des Fußballvereins SV Germania Göttelborn je 75 selbst genähte Masken und fünf Schutz- bzw. Maleranzüge zur Verfügung gestellt, wofür ich mich im Namen der Heimleitungen an dieser Stelle noch einmal recht herzlich bedanke!

saarnews: Corona hat nicht nur gesundheitliche und wirtschaftliche, sondern womöglich sogar größere soziale Folgen. Wie schätzen Sie diese ein. Wird die Gemeinde näher zusammenrücken?

Lutz Maurer: Ich bin mir sicher, dass dies bereits geschehen ist. Ohnehin herrscht in unserer Gemeinde ein großer Zusammenhalt – dies wurde nicht erst bei dem Starkregenereignis von 2009 spür- und sichtbar. Aktuell lässt sich dies an der schon skizzierten Resonanz auf die Hilfsangebote und Aufrufe feststellen. Schon von Anfang an haben sich viele Privatpersonen und Organisationen mit Hilfsangeboten an die Bevölkerung gewandt. Wir haben daher als Gemeinde früh die Koordinierung der Angebote übernommen, um diese zielgerichtet denjenigen weiterzuleiten, die sie benötigen. Zusätzlich haben wir als erste Kommune im Umkreis ein Sorgentelefon für Personen eingerichtet, denen die aktuelle Situation in besonderem Maße zu schaffen macht. Es freut mich, dass dies Wirkung zeigt und dass mittlerweile auch andere Kommunen solche Dienste anbieten.

saarnews: Wie werden Sie persönlich Ostern feiern?

Lutz Maurer: Ich werde Ostern zusammen mit meiner Familie zu Hause feiern. Leider müssen traditionelle Dinge wie Kirchenbesuch, Besuch der Familie und Freunde dieses Jahr ausfallen. Wir werden aber versuchen, etwas Abstand zum Alltag der vergangenen Tage zu gewinnen und zu entspannen. Wenn alles gut läuft, kann ich dazu einen großen Teil beitragen. Jedenfalls werde ich unser Osteressen zubereiten und hoffe, dass es allen schmecken und zu guter Laune beitragen wird.

saarnews: Herzlichen Dank für die offenen Worte, Herr Maurer!

Lutz Maurer: Sehr gerne.

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