StartPanoramaVier neue Stolpersteine in Saarbrücken – Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus in...

Vier neue Stolpersteine in Saarbrücken – Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus in Bischmisheim, Brebach und Eschringen

WERBUNG

Die Landeshauptstadt Saarbrücken hat am Dienstag, 27. Mai, vier Stolpersteine in den Stadtteilen Bischmisheim, Brebach und Eschringen verlegt.

Sie erinnern an die Stigmatisierung, Inhaftierung und Ermordung von Saarbrücker Mitbürgerinnen und Mitbürgern sowie an Schikanen durch die Nationalsozialisten.

Die Gedenksteine würdigen Mathilde Tausend in der Straße „Geisberg“ 96, Sigmund und Klara Baum in der Saarbrücker Straße 60 sowie Peter Baptist Hergott in der Hauptstraße 80.

Mathilde Tausend

Mathilde Tausend, Jahrgang 1897, war mit dem verwitweten Bischmisheimer Sandformer Karl Tausend verheiratet und lebte mit ihm in Bischmisheim. Das Paar hatte zwei Söhne.  

Aufgrund einer psychischen Erkrankung nach der Geburt ihres zweiten Kindes musste Mathilde Tausend 1930 in der Heil- und Pflegeanstalt in Merzig medizinisch behandelt werden. Ein mehrmonatiger Aufenthalt war notwendig, die Ärzte diagnostizierten eine Schizophrenie. In den folgenden Jahren kam sie immer wieder in die Merziger Klinik, weil sie sich unruhig und verwirrt zeigte und gegenüber ihrem Mann und ihren Kindern gewalttätig wurde. 

Im Zuge der allgemeinen Evakuierung und Räumung der Klinik am 1. September 1939 wurde Mathilde Tausend in die Anstalt nach Weilmünster verlegt. Von dort aus wurde sie mit einem Transport von 70 Menschen in einem der sogenannten Grauen Busse am 20. Februar 1941 nach Hadamar gebracht und im Zuge der T4-Aktion – dem systematischen Massenmord behinderter Menschen – nach einer formalen Untersuchung noch am selben Tag im Keller der Anstalt vergast.

Sigmund und Klara Baum 

Der jüdische Kaufmann Sigmund Baum (Jahrgang 1878) war seit 1905 Inhaber eines Manufaktur-, Textilwaren- und Schuhgeschäfts in Brebach, zunächst in der heutigen Saarbrücker Straße 38, dann im Gebäude mit der Hausnummer 60. Er war verheiratet mit Klara Baum (Jahrgang 1879), ebenfalls Jüdin. Das Paar hatte eine Tochter mit dem Namen Hedwig.

1933 mussten Sigmund und Klara Baum ihr Geschäft aufgrund von Anfeindungen und Repressalien gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aufgeben. Sie emigrierten im Oktober 1935 zunächst mit ihrem gesamten Hausstand nach Bettemburg in Luxemburg. Dort warteten sie auf das Visum nach Amerika. Im Mai 1937 konnten sie schließlich von Le Havre aus auf der „S.S. Paris“ die Schiffsreise nach New York antreten. Von seinem ursprünglichen Besitz konnte das Ehepaar Baum nur das Notwendigste mitnehmen. 

In New York Fuß zu fassen fiel den beiden aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse und ihres fortgeschrittenen Alters schwer. Sigmund Baum konnte nur durch Gelegenheitsarbeiten den gemeinsamen Lebensunterhalt verdienen. 

Tochter Hedwig, die mit ihrem Mann ebenfalls nach New York emigrierte, verstarb dort bereits 1940.

Sigmund und Klara Baum verbrachten ihren Lebensabend in einem jüdischen Altersheim in New York. Sigmund Baum starb dort am 14. Juli 1963, Klara Baum am 8. August 1966.

Peter Baptist Hergott

Peter Baptist Hergott (Jahrgang 1897), gelernter Heizungsmonteur aus Eschringen, erlitt 1914 im Alter von 17 Jahren durch einen schweren Arbeitsunfall auf der Grube eine Beckenquetschung und trug 1927 durch eine Granatexplosion schwere Verbrennungen davon. Seither war er auf dem linken Ohr taub. Zudem verlor er 1930 bei einem Verkehrsunfall sämtliche Zähne des Oberkiefers. Durch diese Schicksalsschläge wurde Peter Baptist Hergott zum Invaliden. Da er durch seine Beeinträchtigungen keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen konnte, wurde er von den Nationalsozialisten zur Gruppe der „Asozialen“ gerechnet, die nach deren Auffassung den sogenannten „gesunden Volkskörper“ schädigten.

In Eschringen lebte Peter Baptist Hergott zuletzt in der Hauptstraße 80 im Haus seiner Tante mütterlicherseits. Am 12. Mai 1938 wurde er dort verhaftet und am 25. Mai 1938 zu 20 Tagen Gefängnis wegen Passvergehens verurteilt. Die genauen Umstände des Vergehens liegen im Dunkeln. Nach Verbüßung seiner Haft wurde er nach Frankreich ausgewiesen.

Dort lebte Peter Baptist Hergott bei seiner Mutter in Cocheren bei Forbach. Er wurde am 21. April 1943 an seiner Wohnadresse von den Nazis verhaftet und ins KZ Natzweiler verschleppt, wo er am 17. Mai 1943 ermordet wurde.

OB Conradt: „Menschenleben wurden willkürlich zerstört“

Oberbürgermeister Uwe Conradt: „Wir halten mit den neuen Stolpersteinen das Gedenken an die Schicksale wach, die sich hinter den auf den Steinen verewigten Namen verbergen. Gleichzeitig erinnern wir damit an die Gräueltaten des Nationalsozialismus. Wir geben mit den aktuellen Verlegungen wieder Beispiele dafür, wie das Leben von Menschen in dieser Zeit willkürlich zerstört wurde, ohne dass es einen Anlass dafür gab. Die Stolpersteine sind und bleiben eine Mahnung: Solche erschütternden Taten dürfen sich niemals wiederholen.“

Der Oberbürgermeister begrüßte an den jeweiligen Stationen die anwesenden Gäste. Die Synagogengemeinde Saar wurde durch Kantor Benjamin Chait vertreten. In Brebach gestaltete die Leiterin der dortigen Gemeinwesenarbeit der Diakonie, Christiane Poersch, für die Stolpersteinverlegung ein kleines Rahmenprogramm. Pfarrer Matthias Ewelt, Geschäftsführer der Diakonie, richtete ein Grußwort an die Anwesenden. Zum Abschluss sprach Kantor Benjamin Chait Gedenkworte und ein Gebet

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amts für Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur der Landeshauptstadt haben die Stolpersteine verlegt. Der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Hans-Christian Herrmann, begleitete die Verlegung der Stolpersteine fachlich.

Verlegung weiterer Stolpersteine in diesem Jahr

Die Veranstaltung ist Teil einer großen Verlegungsaktion in diesem Jahr. Der Stadtrat der Landeshauptstadt Saarbrücken hatte in seiner Sitzung vom 7. Mai 2024 die Verlegung von insgesamt 17 weiteren Stolpersteinen beschlossen.

Im Rahmen einer abschließenden Veranstaltung am Mittwoch, 27. August, werden weitere Stolpersteine in den Stadtteilen Altenkessel und Burbach verlegt.

- Werbung -
https://saarland-macht-urlaub.de/
https://saarland-macht-urlaub.de/
https://saarland-macht-urlaub.de/
- Werbung -

Aktuelle Beiträge

Immer frisch informiert sein mit dem FCS-Newsletter von saarnews!
Regelmäßig alle News rund um den größten Verein des Saarlandes.

fcs@saarnews.com